Interpretationsvirus

Interpretationsvirus – Wie Sie Denkfallen vermeiden
Wir alle kommen immer wieder einmal in Situationen, in denen uns subjektiv nur noch wenige Aktionsmöglichkeiten bleiben.

Dabei vergessen wir oft, dass in der Regel diese Einschränkung nicht objektiv gegeben ist, sondern ein Produkt unseres Denkens.
So wie auch ganz allgemein gilt, dass die Schwierigkeit eines Problems in der Regel weniger am Problem selbst liegt, sondern durch die Bedingungen, die wir mit dessen Lösung verknüpfen.
Das und das darf auf keinen Fall geschehen und / oder das und das muss auf alle Fälle erhalten bleiben…
Der sogenannte Interpretationsvirus spielt eine entscheidende Rolle in der Wahrnehmung unserer Realität – er gibt den jeweiligen Geschehnissen ihre Bedeutung.

Relativ wenig Menschen machen sich bewusst, dass ihre Wahrnehmung der Realität nicht allgemein gültig, sondern eine höchst subjektive Angelegenheit ist.
Unsere Wahrnehmung von Realität wird erheblich von eigenen Denkmustern gesteuert.
Diese Beeinflussung kann man sich vorstellen, wie eine Art Brille, die lediglich bestimmte Aspekte der Realität bewusst werden lässt.
Gesteuert werden die Einstellungen dieser Brille durch unsere eigenen Denkmuster.

Das weit verbreitete Beispiel vom halbvollen bzw. Halbleeren Glases macht dies deutlich.
Gerade in den Momenten in denen wir emotional berührt sind, neigen wir dazu, Realität als universal gegeben zu nehmen.
In derartigen Situationen gehen wir oft gerade zu selbstverständlich davon aus, dass die Art und Weise, in der wir im Moment Realität wahrnehmen, für alle gültig ist.
Der nachstehenden Beitrag beschäftigt sich mit vier Faktoren, die unsere Wahrnehmung von Realität erheblich beeinflussen:

1) die innere Haltung, die wir bei der Beantwortung von Fragen einnehmen
2) die Wenn-dann-Falle
3) Die Dann-wenn-Falle
4) die Entweder-oder-Falle

  1. die innere Haltung bei der Beantwortung von Fragen

Hier geht es um die innere Haltung, mit der wir Fragen beantworten
Lasse ich mich wirklich auf die Frage ein, oder wähle ich eine Antwort, die sich in meiner Vergangenheit als richtig bzw. als passend erwiesen hat?

Wir alle finden uns immer wieder in Situationen, in denen wir direkt oder indirekt mit Fragen konfrontiert werden, mit denen wir uns in unserer Vergangenheit schon eingehend beschäftigt haben. Dabei übersehen wir sehr oft, dass sich eventuell in der Zwischenzeit Bedingungen geändert haben und dementsprechend die früher gefundene Antwort eigentlich gar nicht mehr stimmt.
In diesem Falle passt die in der Vergangenheit gefundene Antwort gar nicht mehr auf die aktuelle Situation.
D.h. die damalige Antwort muss eigentlich zumindest fűr die aktuelle Situation erneut überprüft werden.

2) die „Wenn-dann-Falle“
Ist ein Konstrukt unseres Gehirns, das in einem erheblichen Maße Ängste von schlechten Erfahrungen der Vergangenheit spiegelt.
Die tatsächlich gegebenen Möglichkeiten werden von unserem Gehirn getilgt, so dass diese Möglichkeiten gar nicht mehr bewusst werden.

3) Die „Dann-wenn-Falle“
Hier entwirft unser Gehirn Szenarien in der Zukunft, die in der Regel wesentlich mehr mit unseren Ängsten zu tun haben, als mit der Realität.

4) Die Entweder-oder-Falle
Auch hier konstruiert unser Gehirn Bedingungen, die dazu führen, dass wir scheinbar nur zwei Möglichkeiten haben, auf etwas zu reagieren.

Alle vier oben genannten Faktoren führen dazu, dass wir tatsächlich gegebene Möglichkeiten von vornherein ausschließen und wir uns nur noch mit der von unserem Gehirn bevorzugten Auswahl beschäftigen – der Mensch verengt seinen Lösungsfokus.

Machen wir uns dagegen bewusst, das wir zur Lösung des Problems eigentlich deutlich mehr Alternativen haben, erweitert sich unser Handlungsspielraum erheblich.
Eine Möglichkeit dafür ist das „Entweder-oder“ durch ein „Sowohl-als-auch“zu ersetzen.
Diese Frage eröffnet in der Regel deutlich mehr Lösungsansätze als die Frage nach einem „entweder-oder“
Zum Schuss noch ein typisches Beispiel:

Vor kurzem war ein Coachee bei mir, der wegen Schwierigkeiten mit seinem Vorgesetzten zu mir kam. Seine innere Einstellung hatte sich auf ein „entweder-oder“ verengt. „Entweder folgt der Chef meinem Vorschlag oder ich verlasse das Unternehmen„.
Nach meiner Aufforderung, eine „sowohl als auch Lösung“ zu finden. Hatte er schließlich die Idee, seinem Chef diesen Vorschlag zu machen und gleichzeitig nach alternativen Jobs zu suchen.Die Erweiterung dieses Lösungs-Ansatzes veränderte die Situation deutlich. Plötzlich fand der Coachee neue Handlungsmöglichkeiten und die Sackgasse löste sich auf.

© by Ulrich Hoening 2022
82131 Gauting
www.keyaligment.de

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